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Die Prozessdokumentation ist ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensorganisation und -optimierung. Sie hilft dabei, Abläufe zu strukturieren, zu standardisieren und zu verbessern. Doch wie genau kann eine Prozessdokumentation helfen, Unternehmensziele zu erreichen? Das klingt erstmal nach viel Arbeit. In diesem zweiten Blogbeitrag unserer Prozessmanagement-Serie stellen wir Ihnen ein Projekt aus der Bankenwelt vor, in dem die Prozessdokumentation eine zentrale Rolle spielte. Wir nehmen Sie mit auf eine Reise, wie aus dem anfänglich “notwendigen Übel“ im Rahmen eines Compliance-Projektes schnell Struktur wurde und welche Vorteile die Dokumentation von Prozessen mit sich bringt – sowohl als Grundlage für Optimierungen als auch für eine bessere IT-Unterstützung. Lassen Sie sich inspirieren und erfahren Sie, wie auch Sie von der Prozessdokumentation profitieren können. 

Ein gut organisiertes Unternehmen ist wie ein gut orchestriertes Musikstück, bei dem jede einzelne Note zur Gesamtkomposition beiträgt. Ebenso spielen Prozesse eine entscheidende Rolle in der Effizienz und Leistungsfähigkeit eines Unternehmens. Um diese Prozesse zu verstehen und zu optimieren, ist zielgerichtete Dokumentation von großer Bedeutung. Ausgangspunkt für die systematische Erfassung ist die Prozessarchitektur. 

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Der Bauplan für die Abläufe im Unternehmen 

Eine Prozessarchitektur ist im Wesentlichen eine strukturierte Darstellung der verschiedenen Prozesse, die in einem Unternehmen existieren. Sie hilft dabei, eine klare Hierarchie und Beziehung zwischen den verschiedenen Prozessen herzustellen und ermöglicht so eine bessere Organisation und Steuerung. 

Der erste Schritt besteht darin, die relevanten Prozesse im Unternehmen zu identifizieren. Dazu gehören im Wesentlichen die Kernprozesse, die direkt zur Wertschöpfung beitragen als auch manche unterstützenden Prozesse wie Verwaltung, Finanzen und Personal. 

Nachdem alle Prozesse identifiziert wurden, müssen ihre Beziehungen untereinander verstanden werden. Dies betrifft sowohl die Abhängigkeiten als auch die Wechselwirkungen zwischen den Prozessen. Beispielsweise kann die Buchhaltung einen direkten Einfluss auf den Bestellprozess haben, da die Aufwandskontonummern für die Beschaffung benötigt werden. Die Analyse der Prozessbeziehungen hilft dabei, ein klares Verständnis davon zu entwickeln, wie die verschiedenen Prozesse im Unternehmen zusammenhängen. 

Auf Basis der identifizierten Prozesse und ihrer Beziehungen zueinander werden diese in der Architektur strukturiert. Dies beinhaltet die Definition der Hierarchieebenen und die Positionierung der einzelnen Prozesse innerhalb dieser Hierarchie. Die Hierarchie ermöglicht es, die Prozesse auf einer geordneten und logischen Ebene von oben nach unten zu organisieren. 

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Insbesondere die Flow-Charts-Ebene ist ein manchmal langwieriger und zäher Prozess. Hier ist ein Praxisbeispiel, wie es auch anders geht: nämlich schnell und effizient für das Projektteam und die Prozessverantwortlichen. 

Insight: Die Kunst der effizienten Prozessdokumentation 

Im Rahmen einer erfolgreichen Kooperation zwischen DCP Deutsche Consulting Partner als Fach- und Managementberater und MEGA als Systemanbieter haben wir bei einem gemeinsamen Kunden innerhalb von 10 Monaten über 900 Unternehmensprozesse identifiziert und anschließend dokumentiert. Ziel war es, die Prozesse in einem standardisierten Format (BPMN 2.0) inklusive zugehöriger Artefakte (z.B. verwendete Systeme, Risiken etc.) in MEGA Hopex als zentralem System zur Erfüllung der Regulatory Compliance zu dokumentieren. Durch die zentrale Zusammenführung der Prozessinformationen in einem Repository ist die Nutzung für Folgeaktivitäten, wie z.B. Business Impact Analysis (BIA), gewährleistet. 

Nachdem erste eigene Initiativen einer dezentralen Dokumentation zu uneinheitlichen Prozessdokumentationen geführt hatten, wurde das Projekt gemeinsam mit dem Kunden neu konzipiert. Folgende Erfolgsfaktoren waren dabei entscheidend: 

  • Aufnahme und direkte Modellierung der Prozesse in zweistündigen Live-Workshops durch Zweierteams, so dass der Kunde sofort etwas sehen konnte. So war es sofort klar, ob es in die richtige Richtung geht. Die Nacharbeit wurde auf ein Minimum reduziert und der enge Zeitrahmen von 9 Stunden für die Dokumentation eines komplexen Prozesses und 7 Stunden für einen einfachen Prozess konnte eingehalten werden. 
  • Für jeden Prozess waren in der Regel zwei Workshop-Sitzungen erforderlich – ein Workshop für den ersten Prozessentwurf, ein zweiter Workshop für die Verbesserung und Finalisierung des Flow-Charts und der Attribute. Um schnelle Fortschritte zu erzielen, wurden beide Workshops in einem Abstand von rund einer Woche durchgeführt. 
  • Bei der Auswahl der Teilnehmer für die Modellierungsworkshops waren nicht Verfügbarkeit, sondern Erfahrung und Fachwissen ausschlaggebend. Jedes Team wurde einem oder mehreren Hauptprozessen zugeordnet, um eine hohe Schnittmenge zwischen der Fachkompetenz der Modellierer und den Fachbereichen zu erzielen. 
  • Die Ergebnisse wurden sofort über ein Prozessportal zur Verfügung gestellt, so dass die Organisation den Projektfortschritt schnell erkennen konnte. 

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Durch dieses zentrale Dokumentationsvorgehen wurde ein umfassender Mehrwert geschaffen: 

  • Schneller und stetiger Fortschritt - effizient sowohl für das Projektteam, als auch für die Prozessverantwortlichen 
  • Sicherstellung des Inputs aller relevanten Stakeholder 
  • durchgängige Anwendung von Governance-Standards und damit Dokumentationsqualität über alle Prozesse hinweg 
  • Der Einsatz der DCP-Consultants als Sparringpartner für die Fachbereichsvertreter des Kunden erwies sich aufgrund des tiefen bankfachlichen Know-hows als außerordentlich förderlich für die Qualität der Modelle und die Geschwindigkeit. 
  • Grundlage für Compliance-Tätigkeiten wie Business Impact Analysen (BIA) und Process Risk Assessments sowie Optimierungen wurde geschaffen. 

Klarheit, Kommunikation und Effizienz: Die Kraft einer guten Prozessdokumentation 

Insgesamt trägt eine gute Prozessdokumentation zum reibungslosen Funktionieren eines Unternehmens bei. Sie schafft Klarheit, erleichtert die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern und fördert die kontinuierliche Verbesserung der Prozesse. Eine gut dokumentierte Arbeitsumgebung schafft Vertrauen und ermöglicht es den Mitarbeitern, sich auf ihre Aufgaben zu konzentrieren. Längerfristig ist sie aber noch viel mehr: Die Geschäftsprozessdokumentation ermöglicht es Unternehmen, Prozesse immer wieder systematisch zu analysieren und zu optimieren. So können Zeit- und Ressourcenverschwendung reduziert und die Effizienz gesteigert werden. Nicht zuletzt dient sie auch der Einhaltung von Compliance-Vorschriften und Qualitätsstandards sowie deren Kontrolle und Überwachung. 

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Best Practices für den Erfolg 

  1. Den Überblick behalten. Auch wenn am Anfang die Versuchung groß ist, alles gesammelte Wissen in Prozessdiagramme zu übertragen, bleiben Sie diszipliniert. Leiten Sie die Unternehmensprozesse Top-Down ab und ordnen Sie jeden Unternehmensprozess einer übergeordneten Ebene zu. 
  2. Haben Sie den Mut zu priorisieren. Stellen Sie sich die Frage, welche Prozesse die Werttreiber für Ihr Unternehmen sind und wo die größten Prozessrisiken liegen. Pareto gilt auch hier. Als Faustformel gilt: 20% entfallen auf Kernprozesse, 70% sind Unterstützungsprozesse und 10% sind Steuerungsprozesse. Widmen Sie den 20% die größte Aufmerksamkeit, ohne den Rest zu vernachlässigen. 
  3. Heute schon an morgen denken. Auch wenn der ursprüngliche Anlass sich dem Thema Prozessdokumentation zu widmen, oft die Erfüllung regulatorischer Anforderungen ist, so schaffen Sie damit eine hervorragende Basis, um Ineffizienzen und fehlende Standards zu identifizieren. Erfassen Sie doch direkt mit, wo Sie einen System- oder Abteilungswechsel haben. Übrigens: Die Diskussion über mögliche Abteilungswechsel ist deutlich aufwändiger als die reine Erfassung der Prozessaktivitäten selbst. Gleichzeitig bieten „saubere“ Abteilungsschnittstellen ein großes Optimierungspotenzial. 
  4. Weniger ist manchmal mehr. Starten Sie zunächst mit einer überschaubaren Prozessdokumentation, die die gesamte Breite aller Unternehmensprozesse abbildet. Eine spätere Detaillierung ist einfacher, als einen einmal entstandenen Wildwuchs wieder einzufangen. Es ist auch zu erwarten, dass gerade die Details in der Tiefe der Prozesse zu langwierigen Diskussionen führen. Hier zunächst breit und nicht zu tief vorzugehen, schafft schneller einen Überblick und damit wichtige Akzeptanz.
  5. Schwarmintelligenz nutzen. Mitarbeitende haben oft wertvolles Wissen über die täglichen Herausforderungen und können wichtige Einblicke liefern. Nutzen Sie dieses geballte Wissen für Ihre Prozessdokumentation.
  6. Standards schaffen und einhalten. Im besten Fall haben Sie in Ihrer Process Governance Vorgaben festgelegt, wie Sie Prozesse dokumentieren, welche Notation Sie verwenden (z.B. BPMN 2.0) und wer diese freigeben darf. Mehr Disziplin an dieser Stelle verhindert umfangreiche Nacharbeiten.
  7. Gut ist, was funktioniert. Warum das Rad neu erfinden, wenn man auf erprobte Standards zurückgreifen kann? Schauen Sie sich bei Branchenverbänden nach berufsständischen Mustern und Vorlagen für eine Prozessarchitektur und -gliederung um. Solche Standards sind praxiserprobt und helfen bei der Strukturierung  und Vollständigkeit. 
  8. Sprechen Sie die Sprache Ihrer Mitarbeitenden: Verwenden Sie eine klare und einfache Sprache, damit die Dokumentation leicht verstanden wird. Wo es sinnvoll ist, nutzen Sie visuelle Hilfsmittel wie Diagramme, Flussdiagramme und Bilder, um komplexe Prozesse zu veranschaulichen. 
  9. Am Ball bleiben: Selbst wer bei der Einführung des Prozessmanagements fleißig aufsetzt, dokumentiert und abstimmt, hat selten den langen Atem, um das auf Dauer durchzuhalten. Undokumentierte Prozesse und veraltete Daten führen schnell zu Frustration. Planen Sie deshalb von Anfang an feste Review-Termine ein und machen Sie es zum Standard, dass bei Änderungen oder Neueinführungen von IT-Systemen sowie bei jedem Projekt die Prozessdokumentation überprüft wird. 

Die Dokumentation von Unternehmensprozessen mag auf den ersten Blick zeitaufwändig erscheinen, doch die investierte Zeit zahlt sich langfristig aus. Unternehmen, die ihre Prozesse dokumentieren, legen den Grundstein für eine effiziente und erfolgreiche Arbeitsweise. Nur wer seine Prozesse im Detail kennt, kann sie auch verbessern. Und nur wer weiß, wie einzelne Prozesse durchgängig zusammenspielen, erkennt, wo prozessinhärente Risiken zu managen sind - aber dazu mehr im nächsten Blogbeitrag. Bleiben Sie neugierig! 

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